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§ 80 BetrVG bei der Einführung von KI-Systemen

Aktualisiert: 20. Jan.

Ein Mann hält ein Papier mit der Überschrift "KI-Systeme" in die Kamera.

Warum der § 80 BetrVG im Unternehmen eine zentrale Rolle spielt


Die Digitalisierung erfasst mittlerweile alle Unternehmensbereiche – auch das Personalwesen und andere für die Belegschaft relevante Prozesse. Dabei rücken Künstliche Intelligenz (KI) und automatisierte Algorithmen immer stärker in den Fokus. Ob KI-basierte Bewerberauswahl, automatisierte Schichtplanerstellung oder Chatbots für Mitarbeiteranfragen: Die neuen Technologien bringen Chancen für Effizienz und Flexibilität, werfen jedoch auch Fragen zu Datenschutz, Fairness und Mitbestimmung auf. An diesem Punkt kommt in Deutschland das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ins Spiel, genauer gesagt ist § 80 BetrVG bei der Einführung von KI-Systemen die zentrale Norm, da sie die allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats beschreibt.


1. Überblick: § 80 BetrVG

Allgemeine Aufgaben des Betriebsrates

(1) Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:

  1. darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden;

  1. Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen;

2a. die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere bei der Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg, zu fördern;

2b. die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern;

  1. Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugend- und Auszubildendenvertretung entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken; er hat die betreffenden Arbeitnehmer über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen zu unterrichten;

  1. die Eingliederung schwerbehinderter Menschen einschließlich der Förderung des Abschlusses von Inklusionsvereinbarungen nach § 166 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen zu fördern;

  2. die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung vorzubereiten und durchzuführen und mit dieser zur Förderung der Belange der in § 60 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer eng zusammenzuarbeiten; er kann von der Jugend- und Auszubildendenvertretung Vorschläge und Stellungnahmen anfordern;

  3. die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern;

  4. die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen;

  5. die Beschäftigung im Betrieb zu fördern und zu sichern;

  6. Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern.


(2) Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten; die Unterrichtung erstreckt sich auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und umfasst insbesondere den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehören auch die Verträge, die der Beschäftigung der in Satz 1 genannten Personen zugrunde liegen. Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.


(3) Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Muss der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz beurteilen, gilt insoweit die Hinzuziehung eines Sachverständigen als erforderlich. Gleiches gilt, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen ständigen Sachverständigen in Angelegenheiten nach Satz 2 einigen.


(4) Für die Geheimhaltungspflicht der Auskunftspersonen und der Sachverständigen gilt § 79 entsprechend.

In § 80 Abs. 1 BetrVG wird festgelegt, dass der Betriebsrat darüber zu wachen hat, dass alle zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen eingehalten werden. Darüber hinaus hat er auch die Aufgabe, Maßnahmen beim Arbeitgeber zu beantragen, die der Belegschaft dienen. Für die Einführung neuer Technologien – wie KI-Systeme – sind insbesondere folgende Punkte relevant:

  1. Überwachung von Rechtsvorschriften: Der Betriebsrat prüft, ob das Unternehmen bei der Einführung von KI-Systemen rechtliche Vorgaben (z. B. Arbeitsrecht, Datenschutz, AGG) beachtet.

  2. Anregung von Maßnahmen: Sobald die Interessen der Beschäftigten berührt sind, kann der Betriebsrat gezielt Vorschläge zur Gestaltung oder zum Schutz der Belegschaft einbringen.

  3. Förderung des betrieblichen Zusammenwirkens: Der Betriebsrat soll mit dem Arbeitgeber darauf hinwirken, dass Innovationen im Sinne einer positiven Arbeitsumgebung gestaltet werden.


2. Warum ist § 80 BetrVG bei KI so wichtig?

Gerade bei der Einführung von KI-Systemen entsteht schnell eine Vielzahl neuer Fragestellungen, die den Arbeitsalltag und die Rechte der Beschäftigten betreffen. Beispiele:

  • Datenschutz: KI-Anwendungen verarbeiten oft große Datenmengen. Der Betriebsrat muss sicherstellen, dass personenbezogene Daten nur rechtmäßig und in dem erforderlichen Rahmen genutzt werden.

  • Leistungs- und Verhaltenskontrolle: Werden KI-Systeme eingesetzt, um Mitarbeiterverhalten zu analysieren, stößt dies auf Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte (vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). Der Betriebsrat überwacht gemäß § 80, dass ein angemessener, rechtskonformer Einsatz erfolgt.

  • Diskriminierung & Fairness: KI-Algorithmen können unbeabsichtigt Bias enthalten, etwa im Recruiting. Hier kann der Betriebsrat frühzeitig eingreifen und Maßnahmen fordern, damit die Technologie fair und diskriminierungsfrei gestaltet wird.

  • Gesundheitsschutz: Auch der Arbeitsschutz ist in § 80 BetrVG angesprochen. Bei KI-unterstützten Systemen, die beispielsweise Arbeitsabläufe takten oder Zeitvorgaben machen, muss der Betriebsrat mit Blick auf psychische Belastungen und Stressfaktoren ein Auge darauf haben.


3. Welche Aufgaben ergeben sich konkret für den Betriebsrat?

  • Kontrolle und Prüfung: Der Betriebsrat muss prüfen, ob der Arbeitgeber bei der Einführung eines KI-Systems alle relevanten Gesetze (z. B. DSGVO, BetrVG, AGG) und ggf. bestehende Betriebsvereinbarungen einhält.

  • Antragsrecht: Entdeckt der Betriebsrat, dass es Verbesserungsbedarf gibt (z. B. Datenschutzlücken oder drohende Überwachung), kann er Maßnahmen anregen oder fordern, diese Lücken zu schließen.

  • Informationsbeschaffung: Da § 80 BetrVG den Betriebsrat dazu verpflichtet, sich die Informationen zu verschaffen, die er zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt, kann er entsprechende Auskunft über technische Details und Einsatzbereiche des KI-Systems verlangen.

  • Begleitung bei der Einführung: Nicht zuletzt obliegt es dem Betriebsrat, zu beurteilen, ob eine Betriebsvereinbarung erforderlich ist, um den Einsatz des KI-Systems zu regeln (z. B. Zweckbindung der Daten, Nutzungsumfang, Transparenz für Mitarbeitende).


4. § 80 BetrVG bei der Einführung von KI-Systemen ist ein starkes Instrument für faire Digitalisierung

Die Einführung von KI-Systemen bietet zweifellos betriebliche Vorteile – von optimierten Prozessen bis hin zu besserer Personalplanung. Gleichzeitig dürfen Arbeitnehmerrechte nicht ins Hintertreffen geraten. Genau hier setzt § 80 BetrVG an: Er verankert den Betriebsrat als wachsames Organ, das frühzeitig Fragen, Bedenken und Ideen zum Schutz und zur Förderung der Belegschaft einbringt.

Wer als Arbeitgeber KI-Systeme einführen will, sollte deshalb den Betriebsrat in die Planungen einbeziehen, offene Kommunikation fördern und bei Bedarf rechtzeitig eine Betriebsvereinbarung abschließen. Auf diese Weise wird Innovation nicht als Bedrohung, sondern als Chance wahrgenommen – und bildet die Grundlage für eine faire, transparente und nachhaltige Integration von KI in den Betriebsalltag.

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